Grundstruktur des (wissenschaftlichen) Erkennens

Kurzbeschreibung

Der (wissenschaftliche) Erkenntnisprozess stellt die elementare Struktur einer mehrstufigen rationalen Problemlösung dar. Die Hauptschritte sind die Formulierung einer Frage, das Aufsuchen einer darauf antwortenden Hypothese und das methodische Überprüfen der Hypothese.

Funktionsweise und Leistung

Der Erkenntnisprozess setzt sich aus mehreren Einzelschritten zusammen, die in der richtigen Abfolge ausgeführt, von einer Problem- oder Fragestellung zu einer neuen Erkenntnis führen können. Der Prozess dient der rationalen Lösung eines Problems oder Beantwortung einer Fragestellung. Dabei kommen sowohl rationale Argumentation als auch empirische Beobachtung zum Zug.

Vorgehen

Der Prozess gliedert sich in die folgenden Schritte (die jeweils einzeln als Techniken beschrieben werden):

  1. Ein Problem feststellen, analysieren und ein daraus hervorgehendes Erkenntnisinteresse festhalten.
  2. eine Fragestellung formulieren (ausgehend vom Erkenntnisinteresse).
  3. Hypothese(n) bilden (potentielle Antwort auf die Fragestellung):
    1. Unterschiedliche Vermutungen anstellen, die in Frage kommen.
    2. Überprüfung auf logische Stimmigkeit (Kohärenz zur Frage und innere Konsistenz).
    3. Plausibilisierung der Hypothese, indem man sie argumentativ zu begründen versucht.
  4. methodisches empirisches Überprüfen der Hypothese:
    1. Auswählen der Methode: Die Methode muss in der Lage sein, ein Ergebnis zu produzieren, das der Überprüfung überhaupt dient. Dazu muss sie dem Gegenstandsbereich angemessen sein. (Wenn ich die Ursachen dafür erkennen will, warum es an einer Kreuzung immer wieder zu Unfällen kommt, bringt es wahrscheinlich nichts, wenn ich die Anzahl Autos von deutschen Herstellern mit jener japanischer Hersteller zu vergleichen beginne.) Ein Verfahren, das nicht zur Widerlegung der These führen kann, ist untauglich (ausser bei normativen und metaphysischen Fragen)
    2. Konstruktion einer (experimentellen) Überprüfungssituation, die methodisch saubere Beobachtungsdaten liefern kann.
    3. Empirische Überprüfung anhand von (experimentellen) Beobachtungsdaten.
      1. Suche nach bestätigenden Belegen (Verifikation). Bestätigende Belege können die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Hypothese wahr ist, sie können die Hypothese jedoch nicht endgültig beweisen.
      2. Suche nach widerlegenden Belegen (Falsifikation). Da eine Hypothese Allgemeingültigkeit beansprucht, kann sie mit einem einzigen Gegenbeispiel endgültig widerlegt werden. EinE redlicheR ForscherIn wird daher zumindest immer auch versuchen, eine Überprüfungssituation zu konstruieren, um die eigene Theorie zu widerlegen.
    4. Auswertung der Ergebnisse: Schlussfolgerungen aus den beobachteten Ergebnissen hinsichtlich der Geltung der Hypothese.
  5. allfällige Revision der Hypothese und erneutes Durchspielen des Überprüfungsvorgangs.

Der Prozess ist in seiner Struktur so elementar, dass wir ihn täglich unbewusst anwenden. Will man ihn jedoch systematisch anwenden, ist er gewöhnungsbedürftig. Das hat damit zu tun, dass die meisten Menschen sich zu wenig bewusst sind, wie wichtig die ersten Schritte und bis zu den methodischen Vorabklärungen sind. Ein Erkenntnisprozess kann schon alleine aufgrund einer falsch gestellten Frage, einer nicht stimmigen Hypothese oder einer nicht passenden Methode scheitern. Daher erfordert eine systematische Untersuchung eine hohe rationale und methodische Strenge.

Man beachte: Bestätigende Belege können allenfalls die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Hypothese wahr ist, sie können sie jedoch niemals endgültig bestätigen, da uns neue Erfahrungen eines Besseren belehren können. Umgekehrt genügt eine einzige Beobachtung, die der Hypothese widerspricht, und die Hypothese muss als widerlegt betrachtet werden („Falsifikationismus“). Eine Hypothese, die sich über längere Zeit gehalten hat und noch nicht widerlegt wurde, hat sich „bewährt“.

Konkretes Beispiel

  1. Frage: Sind die Spaghetti schon gar?
  2. Hypothese: Ich glaube, dass sie schon gar sind.
  3. Überprüfung: Ich weiss, dass Spaghetti, die gar sind, an den Küchenkacheln kleben bleiben. Ich kann also prüfen, ob sie schon gar sind, indem ich sie an die Küchenkacheln werfe (Methode). Ich habe alle Spaghetti gleichzeitig ins Wasser getan. Die eine Spaghetti, die ich aus dem Wasser genommen und an die Küchenkachel geworfen habe, bleibt dort kleben. Also sind die Spaghetti höchstwahrscheinlich gar.
  4. Die Hypothese hat sich bewährt.

Das Beispiel illustriert schön, dass der Überprüfungsprozess immer logische Schlussfolgerungen beinhaltet. Die obige Konklusion ist jedoch nicht logisch zwingend. Es könnte andere Gründe für das Klebenbleiben geben und die anderen Spaghetti könnten auch schon verkocht oder noch nicht gar sein.

Prominente TheoretikerInnen

  • Karl Popper

Probleme

Ist in seiner Ausführlichkeit mehr als eine Technik, sondern das wissenschaftliche Verfahren in als solches. Daher sehr aufwändig, will man es sorgfältig sachgerecht ausführen. Birgt eine Reihe von möglichen Fehlern.

Verknüpft mit

  • Eine Frage stellen
  • Eine Hypothese bilden
  • Eine Methode auswählen
  • Überprüfen einer Hypothese

 

Übersicht über die Techniken

Vom Einfachen zum Komplexen

  1. Freies Assoziieren (Brainstorming)
  2. Mind Map
  3. Relevantes Auswählen
  4. Unterscheiden und Sortieren
  5. Relevantes Auswählen
  6. Definieren
  7. Grafisch Visualisieren
  8. Gestalt Finden
  9. Perspektive bzw. Standort Wechseln
  10. Objektivieren
  11. Zusammenfassen
  12. Paraphrasieren
  13. Beispiel Geben
  14. Metapher Bilden
  15. Narrativ Entwickeln
  16. Implizites explizit Machen
  17. Dogmen und Prämissen hinterfragen
  18. Ordnung Herstellen
  19. Logisches Schliessen und Beweisen
  20. Verallgemeinern / Aus Erfahrung schliessen (Induktion)
  21. Grundstruktur des (wissenschaftlichen) Erkennens
    1. Informationen Recherchieren
    2. Frage Formulieren
    3. Hypothesen Aufstellen
    4. Methode Auswählen
    5. Überprüfen (Verifizieren/Falsifizieren)
    6. Gedankenexperiment Anstellen
  22. Von der Erfahrung zur Theorie (Bottom-Up) oder umgekehrt (Top-down)
  23. Hermeneutisches Verstehen

 

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