hirnblutung :: die Dreizehnte :: Mo. 31. März :: Cabaret Voltaire

Liebe KophilosophInnen

Ihr seid herzlich eingeladen, kommenden Montag an der nächsten hirnblutung teilzunehmen. Wie immer um acht im Cabaret Voltaire an der Spiegelgasse 1. Ihr habt die Möglichkeit unter folgender Adresse vorgängig Themenvorschläge zu platzieren:
http://hirnblut.elenchos.ch/?p=133
Ich werde bis heute abend auch zwei Vorschläge platzieren. Ansonsten bleibt alles wie gehabt.

Liebe Grüsse und hofffentlich bis bald – imre

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6 Kommentare

  1. Vorschlag 1: Gibts so etwas wie das Wesen des Menschen?

    Die Frage ist in mindestens zwei Hinsichten extrem umstritten.
    1) Essentialistische Auffassungen sind heute in der Defensive. Wer also mit der Vorstellung eines Wesens (Essenz) operiert, begibt sich aufs argumentative Glatteis, da die wenigsten Philosophinnen noch daran glauben, dass sich solche Wesenheiten behaupten lassen. Unter dem Wesen einer Sache versteht man übrigens so etwas wie ein Set von Eigenschaften, die allen Angehörigen einer so bezeichneten Gruppe notwendig zukommen. Bei der Gruppe der Menschen beispielsweise, könnte man es damit versuchen, dass er ein vernunftbegabtes Tier ist.
    2) Selbst wenn man daran glaubt, dass man Wesensaussagen vornehmen kann, wird die Sache bei Menschen noch etwas komplizierter. Sartre hat das in der Formulierung festgehalten, dass beim Menschen „die Existenz […] der Essenz voraus“ geht. Damit behauptet er, dass der Mensch aufgrund seiner Freiheit sein Wesen selber bestimmen kann, dass er also noch nicht vollständig in seinem Wesen festgelegt ist. Das führt zu der paradoxen Feststellung, dass das Wesen des Menschen darin besteht, dass er kein Wesen hat…
    Damit ergeben sich zwei prinzipielle Fragestellungen: 1) Inwiefern lässt sich heute noch mit der Kategorie „Wesen“ (oder Essenz oder Natur)einer Sache operieren? Und: 2) Inwiefern kann man beim Menschen davon sprechen, dass er ein Wesen hat? Erst wenn diese beiden Fragen positiv beantwortet sind, lässt sich der Frage nachgehen 3) Was denn das Wesen des Menschen ausmache.
    Relevant wird die Fragestellung übrigens vor allem in bioethischen Diskussionen, oder auch wenns um Abtreibungen und moralische Fragen geht. Bei letzteren wird häufig versucht, aus diesem vermeintlichen Wesen bestimmte Gebote abzuleiten.

  2. Vorschlag 2: Warum sind wir nicht polyamor?

    Unter Polyamorie versteht man die Vorstellung, dass man nicht nur zu einer einzigen Person, sondern auch zu mehreren Liebesbeziehungen eingehen kann. Das Konzept sieht vor, dass unterschiedliche Liebesbeziehungen (genau wie Freundschaften) nebeneinander bestehen können und sich nicht gegenseitig ausschliessen. Es steht damit im Widerspruch zum romantischen Beziehungsmodell, das in unserer Gesellschaft so etwas wie den Normalfall darstellt und das andere Liebesbeziehungen ausschliesst, da die beiden Liebenden sich gegenseitig völlig genügen.
    Polyamorie ist noch ein relativ junges Konzept, meines Erachtens hat es einige gewichtige Argumente auf seiner Seite, so z.B. das man sich einen Haufen falscher Spiele, Geheimniskrämereien und späte Verletzungen ersparen kann. Es setzt daher auch voraus, dass die Beziehungspartner ehrlich miteinander umgehen und auch schwierigen Beziehungskonstellationen nicht aus dem Weg gehen. Die Fragen, die es aufwirft, sind die nach seinen Vorteilen und Nachteilen im Vergleich zum romantischen Exklusivitätsmodell.

  3. Lieber Imre,aus meiner Sicht sind die polyamore Modelle in der Praxis gescheitert.Frage mal die Blumenkindergeneration oder die 68 mit freier Liebe.,Für mich stellt es eine Form der Feigheit vor Bindungen und Partnerschaften dar,also eine gewisse Verantwortungslosigkeit.Und die Eiferfsucht ist eine strarke Waffe.Sicher gibt es einige Menschen,die das polyamore sexuell ausleben seis in swingerclubs oder ä.Oft endet das aber mit Katzenjammer.
    Das nur ganz spontan.
    Herzlich
    Vavi

  4. Nur eine ganz kurze Erwiderung und Ergänzung: Polyamorie sieht (so weit ich verstehe) durchaus verbindliche Beziehungen voraus und sollte nicht mit „freier Liebe“ verwechselt werden. Ebensowenig mit Polygamie…

  5. Vorschlag 3: Gerechte Völkertheorie

    Welche Form einer inter-nationalen, globalen Gesellschaft ist die beste? Welche wird allen Ethnien und Gruppierungen, Einzel- und Gesamtinteressen gerecht? Ist die heutige Form mit hauptsächlich Nationalstaaten die bisher beste? War eine frühere besser? Wie wird sie in Zukunft aussehen?

    Während man früher solche Gedanken kaum über die Sprachgrenze heraus dachte (man denke an die vielen deutschen Staaten bis zum 19. Jh.) oder vereinzelte Staaten schlicht einen stark imperialen Drang zur „Welteroberung“ hatten, sind in den letzen 50-100 „globalisierenden“ Jahren obige Fragen in den Vordergrund gerückt. In den Raum geworfene Forderungen nach z. B. der Aufhebung aller Grenzen waren vorher wohl nicht einmal Inhalt der kühnsten Träume. Und doch gibt es heute derartige Tendenzen. Es herrscht zum Teil zwischen zwar weitgehend souveränen Staaten zum Teil grosse Handels- / Personen- und andere Freizügigkeit.

    Wie sieht es mit dem puren Gegenteil aus – autonome Städte, Stadtstaaten? Oder ist diese Unterscheidung ontologisch gar nicht sinnvoll; muss von einem obskuren Netz von Beziehungen von der Familie über Gemeinde / Region / Land bis zur Weltgemeinschaft ausgegangen werden?

  6. inwiefern dürfen persönliche Emotionen in einem philosophischen Argumentationskonstrukt zur Wahrheitsfindung auftreten; und inwiefern darf die Wahrheitsfindung was persönliches sein?

    Lange Zeit galt der Mensch als Zentrum allen Seins; die wissenschaftsvernichtende Zeit der Scholastik verstärkte dieses Bild über Jahrhunderte; bis heute greift diese Ansicht; bis heute werden eigene Wahrheiten gesucht und scheinbar gefunden; diese beruhen auf der Vorstellung, dass der Mensch über der Wahrheit stehe, und diese vom Menschen ausgehe bzw. auf den Menschen konzipiert sei. Die Wahrheit hat für mich jedoch nichts mit der Menschspezifik zu tun; sie steht völlig Unabhängig eines jeden Menschen. Wenn also wahrheitsfindende Argumente gesucht werden, so halten sich diese stets an Emotionen, weil die für die Wahrheitsfindung brauchbar seien. Oftmals erkenne ich in Argumenten ein nicht brauchbarer Anteil an Wunschdenken; man wünscht sich, dass die Wahrheit und das Sein etwas schönes sei und entsprechend wird argumentiert. Man hält sich in all den Argumentationen dann an die gesetzten Wunschziele und baut alles darum auf. Wird ein Modell wiederlegt versucht man diese zurechtgelegten Modelle behalten zu können. Dieser Dogmatismus verhindert seit Jahrhunderten ein Weiterkommen.
    Kann eine emotionale Anbindung an eine Weltkonstrukt für einen Diskurs noch ausreichen?

    2 Fragenstellen sich also konkret:
    1. Haben Emotionen einen Wahrheitsgehalt?
    2. Können Emotionen als Übertragung von Wahrheit dienen?

    Weiter fragt sich, was verloren ginge, wenn man die Emotionen aus sämtlichen Argumentationssträngen verbannen würde und, elementarer als vorangehende Fragen, ob es überhaupt möglich ist emotionslose Wissenschaft zu betreiben. Studien sollen ergeben haben, dass Forschungsergebnisse meist zugunsten der Emotionen zum Projekt ausfallen, inwiefern kann das Forschen also ernst genommen werden. Darf der Wahrheitsgehalt irgendeines Weltkonstrukts überhaupt noch propagiert werden?

    War nur n kurzer Gedankeninput, der mich an der vorletzten Hirnblutung überkam. Weiss nicht, ob es eine entsprechende philosophische Richtung. Mir erscheint die meiste Philosophie sehr anthropozentristisch.
    Auch kann Imre das Thema gern rausstreichen, wenn es mit der Thematik von letzter Woche zu sehr einher geht (zieht ja zumindest in die selbe Richtung).

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